Litiluism | Altnordisch für „Mann, der wenig weiß“ oder auch: „Du Depp!“

Schon interessant, was man manchmal liest.

Aus welchem Gründen ich meine Bücher nicht als historische Romane etikettiere, habe ich jüngst berichtet.

Aber trotz meiner Vorsorge wird mir mitunter vorgeworfen, es hätte bei den Wikingern keine, wie in meinen Büchern beschriebenen Runennachrichten gegeben.

Gab es nicht? Hm. Irgendwie erinnert mich das ein wenig an „Ganz Gallien ist von Römern besetzt. Ganz Gallien …?“

Nun, nur weil es derzeit (!) keine Funde gibt, bedeutet es ja nicht, dass es sowas nicht gegeben hätte. So gibt zum Beispiel der ausgewiesene Runen-Experte Thomas Birkmann in seinem Buch „Von Ågedal bis Malt: Die skandinavischen Runeninschriften vom Ende des 5. bis Ende des 9. Jahrhunderts“ zu, dass insbesondere Runeninschriften auf Holz häufig verloren gegangen sind, sie folglich nicht erhalten wurden, sowie dass ein Gutteil der erhaltenen Inschriften „profaner Natur“ seien.

Dazu gehören insbesondere mit Runeninschriften versehene Holzstäbe aus Haddeby, auf denen, wie ich anderweitig las, überaus „profane“  Inventarlisten verzeichnet wurden.

Die Reste der Holzbrücke in Bergen weisen jede Menge äußerst interessanter Runeninschriften auf.  Sie werden von manchen Wissenschaftlern scherzhaft als „Runen-SMS“ bezeichnet. Denn da wird nicht nur mit Eroberungen geprahlt, Liebe gestanden bzw. beschworen, sondern eine Ehefrau ruft ihren untreuen Ehemann sogar auf diese Weise zur Ordnung. Außerdem habe ich mich dort für Ifills Inschrift „Ich liebe diese Frau so sehr, dass Feuer mir kalt erscheint“ inspiriert sowie die behutsame Frage von Bjørgyn „Willst du Liebe mit mir machen?“ Link

Nein, diese „Touristen“ des Frühmittelalters hinterließen ihre höchst gewichtigen schriftlichen Hinterlassenschaften vom Schlage eines „Ofram Sigurdsson ritzte diese Runen“ (ganz zu schweigen von „Thorni f*ckte. Helgi ritzte [die Runen]“) auf den von ihnen bereisten Orkney-Inseln oder in der Hagia Sophia in Konstantinopel. Link

Schlimmer gar! An eine per Smartphone verschickte Kurznachricht erinnert der Inhalt der Runen, die auf einen angenagten Knochen geritzt wurden: „Küss mich!“, fordert da jemand seine oder seinen Schreibkundigen Liebsten auf – meine Fantasie springt gleich an, wie eine stolze Tochter des Hauses diese Nachricht hinter dem Rücken ihres eifrig tafelnden Vaters dem auserkorenen Liebsten zukommen ließ! Quelle

Und da sollen sie keine „Briefe“ geschrieben haben?

Obwohl der in den „Schriften zu Runologie“ von Wolfgang Krause beschriebene und übersetzte Runenstab von Alt-Ladoga doch im Detail die Umstände des heldenhaften Todes eines Kämpfers schildert?

Wieso wurde dies auf etwas derart vergänglichem wie einem Holzstab (und nicht in Form eines Runensteins, wie häufig geschehen) eingeritz, hatte ich mich gefragt und mir das damit beantwortet, dass der leicht transportierbare Runenstab (wie die „Inventurliste“ des Haddebyer Händlers), sich doch perfekt geeignet hätte, um die Hinterbliebenen des Kriegers in der Ferne über die Umstände seines Todes zu informieren.

Ein „Brief“ also!

Und was stand darin?

Manchmal nur ganz wenig – dafür umso Zutreffenderes. Wie „LITILUISM“ (siehe Grafik).

Das bedeutet sinngemäß „Mann, der wenig weiß“, vulgo „Du Depp!“, wie Charlotte es gerne zu Thórsteinn sagt.

A propos des aus der Zeit gefallenen Wikingers …

… bevor mir auch da jemand „historische Ungenauigkeit“ vorwirft (nota bene: Es handelt sich um Fantasy – ich nutze Lücken in der Geschichtsschreibung und ziehe eigene Schlussfolgerungen).

Thórsteinn hat ja nach eigenem Bekunden (Runen)lesen gelernt, indem er mit Runen versehene Alltagsgegenstände entzifferte. Ja, das macht in meinen Augen nämlich mehr Sinn, als zu konkludieren, die Wikinger (aber auch im heutigen Deutschland ansässige Germanen) seien „furchtbar vergesslich“ gewesen, weshalb sie den Löffel mit „Löffel“ und den Stuhl mit „Stuhl“ beschrifteten … Link

Ach ja, und wenn ihr darauf besteht, dann erkläre ich euch auch den Unterschied zwischen Verbot der Priesterehe und Zölibat und wann was von beiden in Kraft trat.

Ihr könnt es mir aber auch einfach glauben, dass ich das sauber recherchiert habe!

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