Neue Wege gegen Depressionen? Piercingpunktur®

Depressionen. Ich oute mich als Betroffene.

Schon als junge Mutter litt ich aufgrund von Veranlagung und einer „nicht so schönen Kindheit und Jugend“ (stark beschönigend ausgedrückt; wer mehr erfahren möchte, dem empfehle ich meinen unter Pseudonym erschienenen Kleinstadt-Liebesroman “Tattooed Sweetness“, in den ich meine biografischen Erlebnisse einfließen ließ) unter Panikattacken und Depressionen, die ich mit jedoch mit mehreren Psychotherapien und begleitenden Psychopharmaka zur Behebung des Serotonin-Mangels sehr gut behandeln konnte.

Das hatte so gut funktioniert, dass ich sogar die existenziell bedrohlichen Ängste auffangen konnte, als mein Mann 2013 lebensbedrohlich erkrankte und Anfang 2014 nur durch eine dramatische Operation gerettet werden konnte, nach der er das Laufen (mit Einschränkungen) erst wieder lernen musste.

Aber still, leise und heimlich liefen meine Akkus leer, und gerade, als ich meine emotionale Lähmung wieder halbwegs in den Griff bekommen hatte – kam Corona.

Wer, wie ich, ungespritzt ist oder gar gleichfalls keine Maske mehr tragen kann, wird nachvollziehen können, weshalb die durchgeboosterten Schulmediziner und die auf Unterwerfung konditionierdnden Psychotherapeuten für mich keine Anlaufstelle darstellten.

Zudem hatte die letzte Behandlung mit in den Serotonin-Haushalt einwirkenden Psychopharmaka die Symptome noch verschlimmert anstatt Linderung zu bringen.

Als ich in einem Diskussionsforum auf die unterstützende Behandlung durch Piercingpunktur® aufmerksam wurde, war mein Interesse rasch geweckt und nach kurzer Bedenkzeit vereinbarte ich einen Termin im Böblinger Studio von Steve Pierce, dem Erfinder der Piercingpunktur®.

Ich muss gestehen, dass ich ein wenig Bammel hatte, obwohl (oder weil?) ich Erfahrung mit Ohrpiercings habe (2. & 3. Lobes, Conch und 3x Helix).

Das Studio von Steve Pierce weckte aber bereits mit der hellen, schlicht-geschmackvollen Einrichtung und der entspannten Atmosphäre mein Vertrauen, denn es sieht überhaupt nicht so aus wie die Tattoo- und Piercingstudios, die ich bisher aufgesucht habe (statt dessen ein bisschen in die stylische Richtung gehend wie Philipp Sandmanns Wirklichkeit gewordener Lebenstraum in “Tattooed Sweetness“ *zwinker* )

Steve nahm sich viel Zeit für unser Vorgespräch und beeindruckte mich positiv mit seiner Fachkenntnis – und seiner empathischen Zugewandheit gleichermaßen. Von beidem könnten sich die Ärzte und Psychotherapeuten und Psychiater, mit denen ich zu tun hatte, eine oder mehrere Scheiben abschneiden.

Ziemlich schnell stand für Steve (aber auch mich) fest, dass das klassische „Depressions-Piercing“ (siehe Abb. 1; Punkt 7) für mich aufgrund meiner Anamnese nicht als erste Wahl in Betracht kommt, da es den Serotonin-Spiegel beeinflusst. Höchstens zum Testen mit Setzen von Dauer-Akupunktur-Nadeln konnte Steve sich diesen Punkt vorstellen.

Statt dessen schlug Steve für mich das Shen Men Piercing (siehe Abb. 2 Punkt 2) und das Point de Jerome-Piercing (siehe Abb. 2 Punkt 3) vor – und zwar gleich als Piercing und nicht zum Herantasten als Dauer-Akupunktur-Nadeln.

Ziemlich schnell – ich dachte mir: „Gut, kurz und schmerzlos“ – schritt Steve zur Sache.
Er führte mich in den Behandlungsraum und wies mich an, mich auf die Liege zu begeben. Soweit kannte ich das von meinen bisherigen Ohrpiercings.

Neu war, dass Steve die Lokalisation der Akupunkturpunkte mit einem elektronischen Punktsuchgerät (PSG) identifizierte, um sie zu markieren.

Während er charmant und gekonnt Small-Talk mit mir machte, um mich abzulenken, stach er schon das erste Piercing. AUTSCH ! Das tat weh, und zwar wie! Keines meiner bisherigen Knorpelpiercings hatte an diese Schmerzskala herangereicht! Während ich noch die Tränchen aus den Augenwinkeln zwinkerte und Steve weiter hochinteressante Dinge erzählte, war *zack* schon die nächste Nadel drin. Noch mehr AUA !

Tapfer ließ ich das Einsetzen der PTFE-Stäbe über mich ergehen, dann ging‘s schon ans zweite Ohr …

Ich sage nur so viel: Weniger schmerzhaft wurde es nicht. Im Gegenteil.

Warum war das Piercen derart unangenehm? (Der Schmerz war allerdings unmittelbar danach komplett verschwunden.)

In dieser Arbeit einer österreichischen Maturantin, die Steve auf seiner Homepage hinterlegt hat, fand ich die Antwort:

Wenn kein elektronisches PSG zum Einsatz kommt wie bei Steve, wird der Akupunkturpunkt zB durch mechanisches Drucktasten mit einem Hilfsmittel mit stumpfer Spitze gesucht. Der richtige Punkt ist gefunden, wenn der Behandelte die Rückmeldung gibt, dass der Druck an einer Stelle besonders gut wahrnehmbar ist – oder er sogar leichte Schmerzen empfindet.

Also hat Steve beim Piercen aller vier Punkte mitten ins Schwarze getroffen. Danke!

Danach hielt Steve mir und den anderen anwesenden Kunden noch einen sehr informativen Vortrag über die Pflege, das weitere Vorgehen (sei es bei Piercings oder Dauer-Akupunkturnadeln) und weitere hochspannende Gesundheitsthemen.

Nach ungefähr einer Dreiviertelstunde war der Vortrag beendet, ich bezahlte meine Behandlung und ging zu meinem im Auto wartenden Mann.

Etwa eine weitere Dreiviertelstunde später stellte ich eine eigenartige Sinneswahrnehmung fest: Es fühlte sich an, als würde jemand mit batteriebetriebenen Mini-Taschenventilatoren gleichzeitig über meine Arme und Beine hinauf und hinab streichen würde; anschließend verspürte ich das Gleiche am Rücken, dann wieder an den Extremitäten.

Seit meinem Termin ist nun knapp eine Woche verstrichen.

Zwischenfazit:

  • Ich hatte noch nie Piercings, die derart wenig „zicken“; die anfängliche Schwellung bildete sich bereits am zweiten Tag zurück
  • Ich weiß nicht, ob es unter „Erstverschlimmerung“ zu verbuchen ist – worauf Steve hingewiesen hat – oder in meinem Fall eine erste, durchschlagende Verbesserung darstellt: Ich habe seither extrem nah „am Wasser gebaut“. (Bei meiner zweiten Psychotherapie nannte es meine Therapeutin es einen großen Fortschritt, als ich meine emotionale Starre durchbrechen und endlich weinen konnte.)
  • Seit dem dritten Tag verspüre ich einen erfreulichen Rückgang der bleiernen Gelähmtheit, die bisher meine durchaus vorhandene Motivation und Antriebskraft erstickte.
    Wer so etwas noch nicht am eigenen Leib erlebt hat – ich wünsche es keinem! – genauso muss sich Han Solo in StarWars gefühlt haben, als er in Karbonit eingefroren war.
    Trotz dem unbändigen Willen, die Galaxie und Prinzessin Leia zu retten zu erniedrigender Untätigkeit verdammt.
    Gut, ich reiße mittlerweile noch keine Bäume aus (ich glaube auch nicht, dass dies förderlich wäre), kann aber die vorgenommenen Aufgaben mit ungeahnter Leichtigkeit erledigen.
  • Bin ich glücklich? Glücklicher? Das wurde ich gefragt.
    Ich kann das derzeit schwer beantworten.
    Glücklich bin ich, wenn ich mit meinem Mann wunderschöne Dinge tun kann, wenn wir einen lustigen, spannenden Familien-Filmabend verbringen, wenn ich meine niedlichen Fell-Trolle knuddeln kann oder wenn mich ein begeistertes Feedback zu einem meiner Bücher erreicht.
    Was ich jetzt bin, würde ich als „leichter“, als „erleichtert“ beschreiben.
    Ich bin gespannt, wie es sich weiter entwickelt.
  • Ach ja, noch etwas Positives habe ich bemerkt: Da sowohl Shen Men als auch Point de Jerome-Piercing sich auf Sympathikus und Parasympathikus auswirken und somit (auch) auf die Verdauung, bemerke ich da eine sehr große Verbesserung!

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