Übersetzung: Wird die Öffentlichkeit in Panik versetzt? Eine Expertenmeinung aus Schottland

Wie Covid-Storys sich nicht bewahrheiten

von Christine Padgham

Beitragsbild von Anemone123 auf Pixabay

Ich habe diesen Artikel mit dem Blickwinkel einer schottischen Medizinerin auf Twitter entdeckt und da genau die Punkte anspricht, die für mein Dafürhalten auch in Deutschland schlecht laufen, habe ich ihn übersetzt, damit hoffentlich mehr Menschen die darin angesprochenen Problematiken erkennen.

Katharina Münz

Artikel vom Samstag, 9. Januar 2021
Am FREITAG wandte sich Nicola Sturgeon erneut an die Nation und zog offen die Möglichkeit in Betracht, die derzeitigen Covid-Beschränkungen weiter zu verschärfen. Wo ist Schottland jetzt? Wie sind wir hierher gekommen? Wohin gehen wir? [Original]

Lassen Sie mich meine Karten auf den Tisch legen: Ich bin ein Lockdown-Skeptiker. Aber wie jeder gute Wissenschaftler/Skeptiker, bewerte ich meine Position ständig neu. Jeden Tag frage ich mich wiederholt: Liege ich falsch? [Original]

Ich würde es lieben, falsch zu liegen. [Original]

So hörte ich gestern in einem Akt ungewöhnlich tapferer Selbstgeißelung die BBC-Nachrichten. Ich wurde pflichtbewusst darüber informiert, dass die Krankenhäuser im Südosten Englands kurz vor dem Kollaps stehen. Ich bin mit den englischen Krankenhausdaten recht vertraut und weiß daher, dass es dort Krankenhäuser gibt, die zu kämpfen haben, und das ist eindeutig beunruhigend. Ich frage mich, ob ich mit der Situation in Schottland falsch liege, aber dann wurden die Statistiken wieder wie üblich um 14.00 Uhr veröffentlicht. Meine Befürchtung wurde wieder einmal genährt, dass wir in Schottland nie aus dieser positiven Rückkopplungsschleife herauskommen werden, in der wir uns befinden: unsere obsessive Angst und das Testen von Covid schafft mehr Probleme als die Krankheit selbst. [Original]

Die Probleme, die wir anhäufen, sind: medizinisch, gesellschaftlich, persönlich, wirtschaftlich, demokratisch. Die gegenwärtigen und zukünftigen Schäden gehen einfach weiter und weiter. [Original]

Unsere Erste Ministerin, Nicola Sturgeon, denkt, dass die Auswirkungen von Covid durch die Einschränkung von sozialen Kontakten reduziert werden. Das ist ihre ganze Strategie zur Eindämmung von Covid geworden, zusammen mit vielen anderen führenden Politikern auf der ganzen Welt. Sie hat die Idee kreiert, die sich durchgesetzt hat, dass Menschen im Allgemeinen und die Regierung im Besonderen die Ausbreitung eines Virus kontrollieren können. Sie hat diese Idee unerbittlich verkauft, mit Hilfe der Medien, die sie mit endloser Propaganda unterstützt haben. Wenn sie nun die Zahl der Fälle reduzieren will, ist das einzige Werkzeug, das ihr zur Verfügung steht, die weitere Reduzierung sozialer Kontakte – ohne Rücksicht auf die Kosten solcher Maßnahmen; die Kosten, von denen wir wissen, dass sie sich unverhältnismäßig stark auf die Schwächsten auswirken: den Kindern, den Alten, den Armen. [Original]

Aber viele Menschen haben genug und ihre Zahl wächst. Wir steuern auf eine Krise zu, wie auch immer man es betrachten mag, und es scheint, dass die Menschen vielleicht beginnen, dies zu verstehen. [Original]

Einfach ausgedrückt: Es gibt keinen Beweis dafür, dass ein Lockdown funktioniert, um die Ausbreitung eines Virus zu verhindern. [Original]

Wir wissen, dass die Regierung uns das im März gesagt hat – und es war richtig. Lockdown und die Quarantäne der Gesunden ist ein bizarres Experiment – nie zuvor versucht, aber nicht als das Experiment behandelt, das es ist. Wir reden so, als ob wir schon immer so mit Viren umgegangen wären. Es hat überhaupt keine rigorose Analyse der virologischen Ergebnisse des Lockdowns gegeben, geschweige denn der gesellschaftlichen Auswirkungen. Wir haben auch nicht gefragt, welche Auswirkungen das auf unsere Immunität haben wird. Häufen wir riesige Gesundheitsprobleme für das nächste Jahr und die Jahre danach an? [Original]

Wie würde es bei den Wählern in Schottland ankommen, wenn man ihnen sagen würde, dass es möglich (oder wahrscheinlich) ist, dass der Lockdown die Ausbreitung von Viren tatsächlich verschlimmert? [Original]

In der Epidemiologie ist seit langem bekannt (bis zum Jahr 2020, als wir es plötzlich vergaßen), dass, wenn wir versuchen, die Übertragung eines Virus in den Teilen der Bevölkerung zu verhindern, die nicht gefährdet sind, alles, was wir tun, die Krankheitslast in den gefährdeten Teilen der Bevölkerung erhöht (siehe „Too Little of a Good Thing: A Paradox of Modern Infection Control“ (Epidemiology 19(4):588-589). [Original]

Donald A. Henderson, ein Epidemiologe, dem die Ausrottung der Pocken (neben anderen) zugeschrieben wird, schrieb in dem Aufsatz ‚Disease Mitigation Measures in the Control of Pandemic Influenza‘ (BIOSECURITY AND BIOTERRORISM: BIODEFENSE STRATEGY, PRACTICE, AND SCIENCE Volume 4, Number 4, 2006): [Original]

Die Erfahrung hat gezeigt, dass Gemeinschaften, die mit Epidemien oder anderen widrigen Ereignissen konfrontiert werden, am besten und mit der geringsten Angst reagieren, wenn das normale soziale Funktionieren der Gemeinschaft am wenigsten gestört wird. Eine starke politische und gesundheitspolitische Führung, die für Beruhigung sorgt und sicherstellt, dass die erforderlichen medizinischen Versorgungsleistungen erbracht werden, sind entscheidende Elemente. Wenn beides nicht optimal ist, könnte sich eine überschaubare Epidemie in Richtung Katastrophe bewegen. [Original]

Es ist klar, dass im Jahr 2020 die übertragbaren Krankheiten in der Gemeinschaft deutlich reduziert wurden. Als ich anfing, meine eigenen lockdown-skeptischen Ansichten zu bilden, glaubte ich, Lockdown sei unwirksam, um die Ausbreitung eines Virus zu begrenzen. Ich habe mich geirrt, und das sehe ich jetzt, im Lichte dessen, was ich gelernt habe! Lockdown verhindert tatsächlich die Ausbreitung von Viren. Aber folgt daraus, dass dies wünschenswert ist? [Original]

Wir wissen, dass die am 13. Dezember 2020 von der Regierung veröffentlichte „Statutory Notification of Infectious Diseases for England and Wales“ für folgende Krankheiten einen außerordentlich deutlichen Rückgang im Vergleich zu den Vorjahren zeigt: akute Meningitis, Typhus, Lebensmittelvergiftung, Masern, Meningokokken-Septikämie, Mumps, Röteln, Scharlach, Tuberkulose und Keuchhusten. Auch das Norovirus soll während der ersten Schließung auf einem außergewöhnlich niedrigen Niveau gewesen sein. Was wird im nächsten Jahr passieren? Ist es möglich, dass diese Krankheiten wieder mit voller Wucht über uns hereinbrechen werden? Warum stellen die Menschen diese Fragen nicht? [Original]

Aus den Daten geht klar hervor, dass die sozialen Interaktionen deutlich geringer sind als sonst, und es ist logisch zu schließen, dass der Lockdown die Übertragung von Covid in der Gemeinschaft verhindern wird. Aber warum wollen wir das? Wäre es nicht besser, die Last der Krankheit auf diejenigen zu verlagern, die am wenigsten dafür anfällig sind? [Original]

Auch Patrick Vallance hielt es im März für unklug, einen Virus zu stark zu unterdrücken, als er sagte:

„Wenn man etwas sehr, sehr hart unterdrückt, dann prallt es zurück, und zwar zur falschen Zeit, wenn man diese Maßnahmen freigibt. Unser Ziel ist es, zu versuchen, den Peak zu reduzieren, den Peak zu verbreitern, nicht ihn komplett zu unterdrücken. Da die überwiegende Mehrheit der Menschen nur leicht erkrankt, müssen wir außerdem eine Art Herdenimmunität aufbauen, damit mehr Menschen immun gegen diese Krankheit sind und wir die Übertragung reduzieren, während wir gleichzeitig diejenigen schützen, die am meisten gefährdet sind. Das sind die wichtigsten Dinge, die wir tun müssen.“ Independent 13. März 2020. [Original]

Covid ist ein Virus, das durch Aerosol-Übertragung verbreitet wird, und wie jeder Mediziner oder Immunologe weiß, gelangen Aerosole überall hin – wie Glitzer. Sobald ein Virus wie dieses in einem Gebäude ankommt, kommt es überall hin. Die gute Nachricht ist, dass mindestens die Hälfte der Menschen nicht empfänglich für Covid ist, weshalb so viele dem Virus ausgesetzt sind und nie Symptome entwickeln. Wir haben das bei der ersten Welle gesehen. Die Hälfte der Menschen, die mit einer infizierten Person zusammenlebten, erkrankten nie (siehe https://jamanetwork.com/journals/jamanetworkopen/fullarticle/2774102). [Original]

Wir untersuchen derzeit jede Krankenhausaufnahme, jede Hospizaufnahme, alle Krankenhauspatienten und alle Pflegeheimbewohner. Wir wissen (weil es ein mathematisches Gesetz ist), dass es bei den Ergebnissen falsch-positive Ergebnisse geben wird, und dennoch korrigieren wir diese nicht. Warum nicht? [Original]

Wir wissen auch, dass Pflegeheimbewohner und Krankenhauspatienten als Gruppe eine hohe Sterblichkeitsrate haben. Wir nehmen also eine sehr hohe Sterblichkeitsgruppe in die Stichprobe auf und sind dann erschrocken über die hohe Covid-Todeszahl. Dies trägt überhaupt nicht zu unserem Verständnis der Sterblichkeitsrate bei; tatsächlich lässt es Covid nur noch erschreckender aussehen, während es umgekehrt auch den Leuten sagt, dass es möglich ist, infiziert zu sein, aber nicht erkrankt zu sein („asymptomatisch“). Wir behandeln auch gefährdete Patienten auf Covid-Stationen, die vielleicht gar kein Covid haben, zum Teil aufgrund dieses neuen Glaubens an eine asymptomatische ‚Krankheit‘. [Original]

Es mag den Leser interessieren, dass Covid seit Mitte September mehr als viermal so tödlich ist, wie die Zahlen der Scot Gov zeigen (bei einer Verzögerung von 18 Tagen vom positiven Test bis zum Tod). Und dennoch wissen wir, dass das Gesundheitspersonal sagt, dass die Behandlung einfacher wird, da sie Erfahrungen sammeln und ihre Behandlungsprotokolle verbessern – und damit haben sie sicher recht. Die Daten sind daher ein starkes Indiz dafür, dass wir Sterbende übermäßig testen und dann in Panik über eine scheinbar hohe Todesrate geraten. [Original]

Weitere Beweise dafür, dass wir ein Problem mit im Krankenhaus erworbenen Infektionen haben, sind seit dem Weihnachtstag aufgetaucht, als alle Messwerte für positive Tests, Covid ITU-Belegung, Covid Krankenhausbelegung und Covid Sterbefälle unisono zu steigen begannen. Das sollte nicht passieren. Sicherlich muss es eine Verzögerung geben, wenn sich diese Messwerte ändern – da einer zum anderen führt – aber sie alle begannen am ersten Weihnachtsfeiertag gemeinsam zu steigen. Wenn wir ein Problem mit Krankenhausinfektionen haben, ist es dann hilfreich, die gesamte Gesellschaft abzuschalten, oder wäre es besser, unsere Aufmerksamkeit auf die Krankenhäuser zu richten? [Original]

Mein Herz bricht für Schottland. Jeder in der Gemeinschaft tut wirklich sein Bestes, und doch ist der ganze Aufwand fehlerhaft und verkehrt, und ich kann nicht sehen, wie wir jemals da herauskommen werden, wenn alternative und sachkundigere Ansichten als die derzeitigen, die die Regierung beeinflussen, nicht angehört werden. [Original]

Ich möchte Sie mit einer Anekdote verabschieden, die ich diese Woche gehört habe – ähnlich wie viele Anekdoten, die ich jetzt jede Woche im Rahmen meiner ehrenamtlichen Arbeit höre:

Ein bedauernswerter Mensch jungen bis mittleren Alters ist seit Wochen krank, hat seinen Hausarzt nicht gesehen, schiebt es auf Stress. Nach Weihnachten wird er schwer krank mit inneren Blutungen. Er ruft einen Krankenwagen, aber ihm wird gesagt, dass er 2 Stunden warten muss, weil die Pandemie so stressig ist. Seine Schwester bringt ihn gegen den Rat des Notrufs ins Krankenhaus, „für den Fall, dass er Covid hat“. Im Krankenhaus angekommen, wird er für Untersuchungen auf eine Station eingewiesen und muss von seiner Schwester allein gelassen werden, weil Besucher jetzt nicht erlaubt sind. Der Mann braucht Bluttransfusionen, weil es ihm so schlecht geht. Am 4. Tag seines Krankenhausaufenthaltes wird er per Endoskop untersucht und am 5. Tag wird bei ihm ein Krebs mit einer sehr schlechten Prognose diagnostiziert – allein. Ihm wird gesagt, dass er einen CT-Scan benötigt, um das Ausmaß der Ausbreitung festzustellen, und dass die Proben in die Pathologie gehen müssen, die aufgrund von Covid-Problemen einen Rückstau hat. An Tag 9 hat er immer noch keinen CT-Scan, aber an diesem Tag, nach drei negativen Tests, bekommt er einen positiven PCR-Test. Er hat keine Covid-Symptome. Er wird auf die Covid-Station gebracht, die voll ist und auf der es keine Betten für ihn gibt, so dass er auf einem Stuhl sitzen muss. Er ist gefährdet, weil er sehr krank ist, aber er ist dem Covid ausgesetzt. Auf dieser Station gibt es keine Zimmer zur Isolierung der Patienten. Am 11. Tag hat er immer noch keine CT-Untersuchung, aber er wird geröntgt, um zu sehen, ob es Anzeichen von Covid in seiner Lunge gibt. Er hat immer noch keine Covid-Symptome. Am 13. Tag bekommt er seinen CT-Scan und ohne Bestätigung seines Covid-Status wird er entlassen und zur Selbstmedikation nach Hause geschickt. [Original]

Ist das das Schottland, in dem wir leben wollen? Ist das die Art und Weise, wie unser Gesundheitswesen geführt werden sollte?

Was tun wir, und warum wollen wir nicht besser für uns selbst sein? Wir müssen Besseres fordern, wenn wir nicht für immer so leben wollen – und das wollen wir sicher nicht für immer. [Original]

Christine Padgham war als Gesundheitsmedizinerin tätig und analysiert jetzt mit der Hilfe vieler anderer Fachleute, Wissenschaftler und Aktivisten die Folgen der Coronavirus-Krise für das schottische Gesundheitswesen.

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