Beitragsbild von Benmar Schmidhuber auf Unsplash
Auf sozialen Medien und per Mail erreichen mich nach meinen Essays regelmäßig zahlreiche, sehr persönliche und teils tragische Berichte von denen, die als Kollateralschaden unter den Tisch der öffentlichen Wahrnehmung fallen gelassen werden. Aber auch DU, DEIN Schicksal, DEIN Leben zählt:
Auf Twitter erhalte ich gerade die folgende Nachricht
Sehr geehrte Frau Münz,
das Institut für Psychosoziale Prävention des Universitätsklinikums Heidelberg untersucht in einer wissenschaftlichen Studie die psychosozialen Auswirkungen der Corona-Pandemie (PACE-Studie).
Dabei interessieren wir uns besonders für das emotionale Erleben bei Personen aus besonders belasteten oder systemrelevanten Berufsbranchen sowie für junge Familien.
Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie uns in unserem Vorhaben unterstützen würden, möglichst viele potenzielle Versuchspersonen zu erreichen.
Wäre es hierfür möglich, dass Sie den Tweet (s. unten) auf Ihrer Seite veröffentlichen?
Die Teilnahme ist freiwillig und anonym sowie an keine weiteren Kriterien gebunden. Alle Teilnehmenden haben die Möglichkeit an einer Gutscheinverlosung teilzunehmen.
Außerdem helfen Sie uns dabei, geeiente Unterstützungs-und Hilfsangebote zu entwickeln.
Herzlichen Dank und mit freundlichen Grüßen Ihr PACE-Team Studie zu den Auswirkungen der #COVID19 Pandemie @UniHeidelberg !
Studienteilnehmer*innen für eine 30minütige Online-Befragung mit Gutscheinverlosung zum Thema #mentalhealth gesucht.
Nähere Infos und den Link gibt es hier:
https://soscisurvey.de/pacestudie/
Dieser Bitte komme ich sehr gerne nach, denn ich weiß aus eigener Erfahrung, wie sehr es den Druck der psychischen Belastung mindert, wenn man die Möglichkeit hat, sich und seine Sorgen, Nöte, Depressionen mitzu-teilen.
Geteiltes Leid ist zwar nicht halbes Leid – aber doch signifikant gemindert, wenn es jemanden gibt, der zuhört.
Wenn die psychischen Probleme nicht als lästig oder „übertrieben“ weggewischt werden – sondern von professioneller Seite gewürdigt und ernst genommen.
Ich möchte euch Mut machen
Mut, herauszukommen aus eurem Schneckenhaus.
Mut, eine Hand vom Rand des Abgrund zu lösen, an den ihr euch klammert, und sie zu erheben, um auf euch aufmerksam zu machen.
Mut, an dieser Umfrage teilzunehmen.
Mut, den ersten Schritt zu tun, nicht (mehr) alles hinzunehmen und zu erdulden.
Mein Sohn fragt mich oft: Mama, warum tust du dir das an? Du erreichst doch nichts – abgesehen davon, dass sogar deine Autorenkollegen und -freundinnen sich von dir abwenden, dass die Leute dich nicht mehr mögen, dich angreifen.
Der Aufruf des Instituts für Psychosoziale Prävention des Universitätsklinikums Heidelberg hingegen zeigt, mein lieber Sohn, dass man eben doch etwas erreichen kann.
Danke deshalb an das PACE-Team, an Johanna und Frank Wahlig von reitschuster.de, an Pauline Schwarz von Tichys Einblick, an @MrJonasDanner und all die anderen, die in diesen irren, wirren, ungerechten Zeiten das Rückgrat haben um für die Schwachen aufzustehen.
Passt auf euch auf. Alle.
Ich dachte am Anfang, ich werde gut durch die Zeit kommen! In der Zwischenzeit packt mich so eine Art Ohnmacht und lässt mich fast verzweifeln, dass ich als erwachsener Mensch nicht mehr selbst entscheiden kann, was ich machen möchte und was nicht. Vor allem, dass ich Teile meiner Familie, es betrifft Kinder, bereits seit einem Jahr nicht mehr sehe! Das alles bewirkt, dass ich zunehmend aggressiver gegenüber meinen Mitmenschen werde und auch respektlos gegen jedermann! Und wenn ich momentan an Obdachlosen, was auch oft vorkommt, vorbeifahre, halte ich den Gedanken nicht aus, was mit ihnen jetzt geschieht, wenn sie sich in Bushaltestellen bei Wind und Wetter, von morgens bis abends,
aufhalten. Alles ist so aussichtslos.!
Liebe Svenja,
lass mich von hinten anfangen: Nichts ist aussichtslos!
Gerade heute habe ich mich wieder mit so vielen Leuten unterhalten (in der Warteschlange im Nieselregen vor den Abholstellen für online-Bestellungen bei den lokalen Läden – eine Idiotie an sich …), die alle auch der Meinung waren, dass es so nicht weitergehen kann. Darf.
Wir sind nicht allein und wir sind auch nicht die Minderheit.
Wir sind nur zu leise.
Was die Obdachlosen angeht: Gib ihnen einen Pott Kaffee und ein belegtes Brot, einen kleinen Schein und vor allem einen warmen Händedruck.
Dann hast du die Gewissheit, dass du die Welt wenigstens ein kleines bisschen besser gemacht hast.
Was die Kinder in deiner Familie angeht: Gibt es vielleicht die Möglichkeit, mit ihnen über einen Video-Chat in Kontakt zu treten?
Eine Freundin von mir lebt auf den Kanaren und ihre Tochter hält auf diese Weise schon ewig den Kontakt mit Oma und Opa in Deutschland.
Was deine Ohnmacht angeht: Ich spüre sie auch.
Aber Aggression und respektloses Verhalten ist etwas, das auf dich zurückfallen wird.
Auch wenn es dir schwer fällt, solltest du das – dir zuliebe – besser lassen.
Neulich war ich am Ende meiner Kräfte, ich ahnte, ich explodiere gleich. Da habe ich meine Schuhe und Jacke angezogen, bin raus, zur Schnellstraße gelaufen und auf der Brücke stehend habe ich dann in den dröhnenden Verkehr meinen Frust rausgeschrien.
Das hat mir geholfen, etwas Dampf abzulassen – ohne jemanden zu verletzen.
Ansonsten sollten wir heute Abend nutzen, um ein Wunschritual zu machen: Schreibe auf einen Zettel deinen Herzenswunsch, verbrenne den Zettel und hebe die Asche auf bis Silvester. Dann mischst du sie mit einem Glas Sekt und trinkst sie. Das Ritual hat meine Beste mir empfohlen. Und in Gedanken sind wir dann alle beisammen und geben uns Kraft. (Das ist jetzt meine spontane Idee).
Fühle dich umarmt
Katharina