COVID-19 | The life after tomorrow

Beitragsbild von Elliot Alderson auf Pixabay

Wir schreiben Tag 27 der Corona-Ausgangssperre in Baden-Württemberg und meine Sicht auf die Lage verändert sich.

Zunächst sah es so aus, als könne die Bedrohung durch die Pandemie jener äußere Feind sein, der – dem Angriff der bösartigen Außerirdischen im Science-Fiction-Thriller gleich – wenn schon nicht die ganze Welt, dann wenigstens die Bevölkerung Deutschlands endlich eint, nachdem in den letzten Jahren so viele Gräben mitten durch unsere Gesellschaft geschlagen wurden.

In der Krise zeichnete sich ein Hoffnungsstreif am Horizont ab:

  • Plötzlich war – was in dem Land, das sich dem „Kampf gegen rechts“ verschrieben hat, aber gleichzeitig an der von den Nazis „alternativlos“ gemachten Schulpflicht anhangt, zuvor völlig undenkbar schien – Homeschooling möglich
  • Eltern, die sonst ihre Kinder nur beim (abgehetzten) Frühstück und (erschöpften) Abendessen zu Gesicht bekamen, lernten das dauerhafte Zusammenleben mit ihrem Nachwuchs kennen – und die daraus resultierende Verlangsamung des alltäglichen Hamsterrads nicht selten schätzen
  • Mein Beitrag zu den E-Books mit Anleitung zum Maskennähen ging durch die Decke, allein über 500 Klicks aus dem internen Netzwerk der Firma Bosch an einem einzigen Tag
  • Business-Trips – zuvor als unausweichlich erachtet – wurden auf wundersame Weise per Videokonferenz abgehandelt
  • Sowohl Flug- als auch Verkehrslärm gingen merklich zurück, ablesbar auch am blankgeputzten Himmel ohne Kondensstreifen und historisch niedrigen Spritpreisen an der Tankstelle

Wir redeten darüber, was dieser „Schuss vor den Bug“ auslösen könnte:

  • Firmen würden – auch schon aus finanziellen Gründen – das (Un)Wesen der Business-Fliegerei noch kritischer sehen als zuvor
  • Ebenso würde der (bislang kostentreibende) Faktor der Regionalität sich zum Vorteil wandeln, wenn die Lieferketten aus dem Ausland sich als so verletzlich gezeigt hatten
  • Das Status-Symbol der Fernflüge, Pauschal-Flugreisen und das Jetten zu Städtetrips der Generationen „Langstrecken-Luisa“ sowie „Bonusmeilen-Cem“ würde sich (auch der Umwelt zuliebe) zum Kainsmal wandeln und „buy local“ auch in Sachen „stay local“ den Urlaub in heimisch(er)en Regionen trenden
  • Die Knappheit an Gütern des täglichen Bedarfs wie Klopapier könnte eine neue Ära der Bescheidenheit auslösen, während Hamsterkäufe an Mehl, Sauerteig und Hefe darauf hindeuteten, dass die Deutschen das Kochen und vor allem Backen doch noch nicht verlernt hatten
  • Unzählige Firmen, die von T-Shirt-, Socken-, Babyschlafsack- oder Autositzbezug-Produktion tagesschnell auf die Fertigung dringend benötigter Masken umstellten, zeigten auf, dass die Innovationsfähigkeit Deutschlands immer noch am Leben war
  • Eine neue Höflichkeit etablierte sich, vorbei die Zeit, wo man an der Kasse den Wagen des Hintermanns in die Hacken gerammt bekam, statt dessen „very british“ und ebenso geduldiges queuing up und ehrliche (!) Wünsche zur Gesundheit allenthalben
  • Der Umstand, dass durch nicht auf ihren Gesundheitsstatus gecheckte Reisende das Virus – gleich mehrfach – nach Deutschland eingeschleppt hatten, würde nach einer rigiden (und notwendigen) Phase des völligen Lockdowns dazu führen, die bisher gängige „laissez-faire“-Praxis im Asyl(un)wesen endlich abzustellen
  • und, und, und …

Doch was geschah stattdessen?

Schon 14 Tage des Lockdowns brachte nicht wenige an den Rand ihrer Selbstbeherrschung und darüber hinaus.

Der junge Herr (19/20), der gestern in der Rewe darauf beharrte, ohne den obligatorischen Einkaufswagen seine „nur ein paar Sachen“ zu holen, ist hierbei symptomatisch: „Ich kenne meine Rechte!„, schleuderte er dem sichtlich überforderten (afghanisch/pakistanischen?) Security entgegen. „Sie dürfen mich nicht zwingen, einen Wagen zu benutzen. Mein Vater ist Richter, mir ist das Grundgesetz und die Grundrechte bekannt!“

„Was soll diese Zwangsmaßnahme für alle? Betroffen sind doch nur die Alten – und die mit einem versagensbereiten Herz!“

„Durchseuchung ist das Stichwort! Wir müssen Herdenimmunität erlangen!“ – Bloß blöd, dass niemand eine Aussage darüber treffen kann, ob die überstandene COVID19-Erkrankung denn dann auch zu einer lebenslangen oder wenigstens länger als ein paar Monate anhaltenden Immunität führt.

Gleiches Gegenargument für das Warten auf einen Impfstoff (sehr ausführlicher Artikel zum Stand der Dinge). Ohne verlässliche Immunantwort des Organismus macht der keinen Sinn.

Das Anpreisen von Chloroquin/Hydroxychloroquin als „Wundermittel„, mit dem sich die Pandemie leichter als ein Schnupfen ausbremsen ließe. Eine erste Studie wurde abgebrochen, nachdem 11 der 81 Teilnehmer verstorben waren …

Aber sicher erklären die üblichen Verdächtigen umgehend, dass die natürlich nur MIT und nicht AN dem Medikament gestorben seien – genau wie das im Falle von SARS-CoV2 gesehen wird.

Die Bild titelte „Maas will bis zu 500 Flüchtlingskinder aufnehmen“ (man beachte das Beitragsbild) – doch gekommen sind (zumindest nach Luxemburg) halbwüchsige Knaben mit Motto-Print-Shirts „OBEY“ (gehorche/füge dich) und „A.C.A.B.

Und dann das Maskentragen … Nicht nur, dass eine Mehrheit (aktueller Stand der Umfrage: 64,2 %) es nicht tut, manch einer (Mediziner noch dazu!) reagiert sogar latent aggressiv („grantig„) auf den schieren Anblick von Personen, die in der Öffentlichkeit eine aufsetzen … Ja, was zählt schon die kollektive Bereitschaft, das Gegenüber vor einer Infektion zu schützen gegen die persönliche Befindlichkeit des Herrn Doktor?

Derweil stellt sich nach dem eigenwilligen Voranpreschen des Jenaer Bürgermeisters heraus – dass durch das ach so „unnütze“ Maskentragen seit acht Tagen keine Neuinfektion mehr festzustellen ist. 

Die Büchse der Pandora ist geöffnet. Wieder hinein bekommen wir das Übel nicht.Da noch nicht absehbar ist, wie lange (Wochen? Monate? Jahre?) Immunität anhält bzw.ob es wirklich eine gibt,ist es müssig, auf den Messias zu warten, heiße der nun Bill Gates, Beate Bahner oder das Modell Schweden.

Es heißt jetzt survival of the fittest – was nicht bedeutet, dass die „fitten“, vermeintlich jungen und gesunden überleben (eine klassische Fehlübersetzung der Aussage Darwins) sondern diejenigen, die sich der Situation am besten anpassen.

Wer das ist, wird die Zeit zeigen. Eines ist aber klar: Während die einen auf ihre Freiheiten pochen, andere weitermachen wie bisher und dritte das auch noch Minderjährigen zwangsverordnen, besinnt die Hälfte/das Viertel (?) der Bevölkerung auf der andere Seite des Grabens sich auf das Lied der Innenhöfe von Dushan Wegner und stellt ein wenig verwundert fest, dass die Art und Weise, wie sie in den letzten 5, 10, 15 Jahren gelebt haben, sich plötzlich als prophetisch für ein Überleben herausstellen könnte.

Wenn es nicht so traurig wäre, müsste man lachen.

Aber es wird einfach immer so weiter gehen mit The day life after tomorrow. Aber das nächste Mal werden sie dann nicht „nur“ SARS-CoV2 einschleppen, sondern ein Fledermaus-Virus, das sich auch noch die viel tödlicheren Eigenschaften von Ebola verinnerlicht hat. 

In diesem Sinne: Weitermachen!

Ein Gedanke zu „COVID-19 | The life after tomorrow“

  1. Sehr gut geschrieben meine liebe, unbekannte Freundin. Vor allem die erste Hälfte gefällt mir sehr und ich glaube schon, dass es deutschlandweit zumindest kleine Resilienzinseln gibt, bei denen sich diese Erfahrung so auswirkt wie in der ersten Hälfte deines Textes beschrieben.
    Liebe Grüße
    Elisabeth

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